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Kanzlei-Blog Ulrich Weber & Partner

Diskriminierende Teilzeitregelung bei Fluggesellschaft

Entscheidungen zur Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten sind Dauerthema in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung. Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass ein bedeutendes Urteil zu diesem Thema gesprochen wird. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte mit Urteil vom 19.10.2023 (Az.: C-660/20) über die Frage zu entscheiden, ob teilzeitbeschäftigte Piloten bei der Gewährung eines sog. „Mehrflugstundenbonus“ benachteiligt werden.

Herr Rechtsanwalt Dominik Kranz erläutert die wesentlichen Aspekte der aktuellen Entscheidung des EuGH vom 19.10.2023 (Az.: C-660/20).

Geklagt hatte ein teilzeitbeschäftigter Pilot der Lufthansa CityLine. Seine Vergütung hat sich laut Tarifvertrag aus einer Grundvergütung und einer zusätzlichen Vergütung in Form eines „Mehrflugstundenbonus“ zusammengesetzt. Der Bonus ist monatlich zur Auszahlung gelangt, wenn der Pilot eine bestimmte Zahl an sog. Flugdienststunden im Monat geleistet und dabei einen Schwellenwert überschritten hat. Je mehr der Pilot im Monat geflogen ist, desto höher konnte seine Vergütung ausfallen.

Problematisch war im zugrundeliegenden Fall jedoch, dass der tarifvertragliche Schwellenwert, der einen Mehrflugstundenbonus auslöst, für vollzeitbeschäftigte und teilzeitbeschäftigte Piloten identisch war. Dies bedeutet, dass Teilzeitbeschäftigte genau so viele Flugdienststunden wie Vollzeitbeschäftigte leisten müssen, damit ihnen der Mehrflugstundenbonus ausgezahlt werden kann.

Der klagende Pilot war der Meinung, dass die Schwellenwerte aufgrund seiner Teilzeittätigkeit niedriger sein muss, damit der Mehrflugstundenbonus ausgelöst wird. Das Bundesarbeitsgericht hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, verbunden mit der Frage, ob eine nationale Regelung, nach der ein Teilzeitbeschäftigter die gleiche Zahl an Arbeitsstunden wie ein Vollzeitbeschäftigter leisten muss, um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, eine Diskriminierung eines Teilzeitbeschäftigten darstellt.

Der EuGH bejahte nun diese Frage und stellte fest, dass das Bestehen identischer Schwellenwerte für die Auslösung des Mehrflugstundenbonus für teilzeitbeschäftigte Piloten gemessen an ihrer Gesamtarbeitszeit einen längeren Flugstundendienst als für vollzeitbeschäftigte Piloten bedeutet. Teilzeitbeschäftigte Piloten werden damit in höherem Maß belastet als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen und werden die Anspruchsvoraussetzungen für die zusätzliche Vergütung weitaus seltener erfüllen als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen, obwohl sie während ihrer Arbeitszeit die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie die vollzeitbeschäftigen Piloten.

Eine tarifvertragliche Regelung, die für die Auslösung eines Mehrflugstundenbonus den identischen Schwellenwert sowohl für teilzeitbeschäftigte als auch vollzeitbeschäftigte Piloten vorsieht, führt zu einer schlechteren Behandlung der Teilzeitbeschäftigten und verstößt damit gegen Unionsrecht. Ein solcher Verstoß wäre nur dann zu verneinen, wenn die Behandlung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, den das Bundesarbeitsgericht im weiteren Verlauf des Verfahrens zu prüfen hat.

Bewertung für die Praxis

Die Entscheidung des EuGH ist folgerichtig und stärkt die Rechte von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. Für einen Piloten in Teilzeit, der sich in vergleichbarer Lage befindet, ist es bedeutend schwieriger, den tarifvertraglichen Schwellenwert zu erreichen als für seine vollzeitbeschäftigten Kollegen. Ein identischer Schwellenwert missachtet diesen Aspekt und wird zutreffend vom EuGH als diskriminierende Regelung bewertet.