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Kanzlei-Blog Ulrich Weber & Partner

Ernsthafte Androhung von Leib und Leben rechtfertigt außerordentliche Kündigung

Ernsthafte Androhung von Leib und Leben rechtfertigt außerordentliche Kündigung

Zwischen Arbeitskollegen kann es grundsätzlich schon einmal zu Unstimmigkeiten kommen. Dabei schlagen manche Kollegen jedoch erheblich über die Stränge. Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 04.11.2021 – 5 Ca 254/21) hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Ein Arbeitnehmer hat gegenüber seiner Kollegin glaubhaft angekündigt, seinen Vorgesetzten aus dem Fenster zu schmeißen und kurz vor einem Amoklauf zu stehen. Mit folgenden Worten äußerte sich der Kläger gegenüber seiner Kollegin: „Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was. Der lebt gefährlich, sehr gefährlich.“ Als Reaktion auf dieses Fehlverhalten sprach die Beklagte dem Kläger, der seit über 13 Jahren bei der Beklagten in der Buchhaltung beschäftigt war, am 28.12.2020 eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 30.06.2021 aus. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht Siegburg keinen Erfolg.

Zur Begründung der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung führte die erste Instanz aus, dass ein wichtiger Grund nach § 626 BGB darin bestehe, dass der Kläger in ernstzunehmender Art und Weise gegenüber seiner Kollegin glaubhaft geäußert habe, dass Gefahr von Leib und Leben des Vorgesetzten und die Möglichkeit eines Amoklaufs bestehe. Die Androhung sei auch alles andere als scherzhaft gemeint gewesen. Nach richterlicher Überzeugung des Arbeitsgerichts Siegburg habe der Kläger die Drohung absolut ernst gemeint.

Die ausgesprochene Kündigung sei auch das angemessene Mittel gewesen, um auf das gravierende Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu reagieren. Eine vorherige Abmahnung sei entbehrlich gewesen, da der Kläger von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen konnte und er sich bewusst sein musste, dass er seinen Arbeitsplatz mit einem solchen Fehlverhalten aufs Spiel setze.

Des Weiteren sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für die Beklagte unzumutbar. Im Rahmen einer Interessenabwägung überwiege das Beendigungsinteresse der Beklagten das Bestandsinteresse des Klägers an dem Erhalt seines Arbeitsverhältnisses. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg kann der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln einlegen.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg zeigt, dass es im Verhalten zwischen Kolleginnen und Kollegen Grenzen gibt, die im Hinblick auf ein respektvolles Miteinander am Arbeitsplatz einzuhalten sind. Werden diese Grenzen - wie im zugrunde liegenden Fall -erheblich überschritten, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer völlig zu Recht mit einer arbeitgeberseitigen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen. Damit sind auch nicht bloße Reibereien oder Unstimmigkeiten am Arbeitsplatz gemeint. Vielmehr lagen der Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg ernst gemeinte Äußerungen des gekündigten Arbeitnehmers zugrunde, die sowohl die Ankündigung für eine Gefahr von Leib und Leben des Vorgesetzten als auch die Ankündigung eines Amoklaufs beinhaltet haben. Ein solches Fehlverhalten ist geeignet, den Betriebsfrieden nachhaltig zu stören. Das zeigt sich bereits dadurch, dass die Kollegin des Klägers, die im Kündigungsschutzverfahren als Zeugin ausgesagt hat, aus Angst den Vorfall umgehend dem Arbeitgeber gemeldet hat. Der Arbeitgeber ist dabei gut beraten, wenn er eine solche Ankündigung ernst nimmt und zum Schutz von Leib und Leben der Belegschaft das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos beendet.

 Schließlich ist in solchen Fällen auch der Aspekt der Generalprävention gegenüber anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. die negative Ausstrahlungswirkung im Falle einer Weiterbeschäftigung des Klägers zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat mit der außerordentlichen Kündigung gegenüber der Belegschaft deutlich gemacht, dass ein solches Verhalten nicht toleriert werden kann.  

Dominik Kranz, Rechtsanwalt

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