Rechtsrat: Aufhebungsverhandlungen ohne Staatsanwalt
impulse
12/2005
Donnerstag, 1. Dezember 2005
von RA Dr. Oliver Fröhlich
Mit Nachdruck einen wasserdichten Vertrag aushandeln, ohne die Grenze zur strafbaren Nötigung zu überschreiten - wie dies funktioniert, beschreibt der Kölner Arbeitsrechts-Fachanwalt Oliver Fröhlich.
Gut präparieren
Bevor der Chef einem Mitarbeiter den Aufhebungsvertrag andient, empfiehlt es sich, den Fall mit einem spezialisierten Juristen durchzugehen. Ob man sich mit einer Äußerung strafbar machen könnte, ist oft eine Frage von Nuancen. Bemühen Sie sich daher, möglichst emotionslos in das Gespräch zu gehen und sich nicht in einen Streit verwickeln zu lassen. Der Mitarbeiter sollte über den Anlass des Gesprächs Bescheid wissen, damit er später nicht behaupten kann, er habe sich überfahren gefühlt.
Zeugen hinzuziehen
Auf Arbeitgeberseite nehmen am besten mindestens zwei Personen am Trennungsgespräch teil. Einer davon muss als Zeuge geeignet sein, etwa der Personalchef oder eine sonstige, besonders vertrauenswürdige Führungskraft, nicht nur Inhaber oder Geschäftsführer. Im ersten Trennungsgespräch schon mit dem Anwalt aufzuwar-
ten wäre dagegen eher kontraproduktiv. Es sei denn, man will sich aus schwer wiegenden Gründen trennen, etwa wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung.
Betriebsrat berücksichtigen
Möchte der Mitarbeiter ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen, ist ihm dies nicht zu verwehren. Ob der Chef diese Option von sich aus empfehlen oder die Belegschaftsvertreter im Vorfeld informieren sollte, ist eine taktische Frage. Hierfür ist entscheidend, ob der Betriebsrat eher pragmatisch oder querulierend zu agieren pflegt. Streng genommen braucht der Chef ihn vorab nur einzuschalten, bevor er kündigt (eine Woche Anhörungsfrist einkalkulieren!). Oder wenn Einschnitte geplant sind, die einen Sozialplan notwendig machen könnten.
Vorsorglich kündigen
Die Androhung einer Kündigung ist weder strafbar, noch macht sie den späteren Aufhebungsvertrag anfechtbar. Etwas anderes kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings dann gelten, »wenn ein verständiger Arbeitgeber diese
Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen dürfte«. Gefahr besteht also nur, wenn die angedrohte Kündigung nach Lage der Dinge willkürlich wäre. Beispiel: »Ich schmeiße Sie raus, mir wird schon was einfallen.« Und: Je großzügiger die Abfindung, desto geringer die Gefahr, dass der Vertrag am Ende beim Staatsanwalt landet (üblicher Satz: je nach Gerichtsbezirk 0,3 bis ein Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr). Tipp: Kündigen Sie erst - und bieten Sie dann an, die Modalitäten des Ausscheidens in einem »Abwicklungsvertrag« zu regeln. Dann entfällt das Tatbestandsmerkmal der Drohung - bei ansonsten ähnlichen Rechtsfolgen.
Vorteile avisieren
Will der Chef das Zeugnis als zusätzliches Druckmittel nutzen, geht er am besten so vor: Er droht nicht mit negativen Formulierungen für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen. Sondern stellt als Honorierung des Vertragsschlusses besonders wohlwollende Formulierungen in Aussicht. Auch für diesen Fall gilt: keine Drohung, also auch keine Anfechtung und keine Nötigung.