Rauswurf trotz Krankheit
Berliner Morgenpost
Sonntag, 2. Mai 2004
von RA Dr. Heiko Peter Krenz
Entgegen einer weit verbreiteten Meinung können Arbeitgeber Mitarbeitern auch während der Krankheit kündigen: Krankheit schützt vor Kündigung nicht. In der Praxis kommt das hauptsächlich wegen häufiger Kurzerkrankungen vor. Die Wirksamkeit einer solchen Kündigung setzt eine negative Prognose über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers zur Zeit des Kündigungszugangs voraus. Anhaltspunkt ist sein Krankenstand in den vorangegangenen Jahren.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Gesundheitsprognose negativ ausfällt, wenn der Arbeitnehmer in den vergangenen drei Jahren jeweils länger als sechs Wochen erkrankt war und die Gefahr weiterer Erkrankungen besteht. Das gilt insbesondere bei chronischen oder häufig wiederkehrenden Erkrankungen (Rückenschmerzen, Grippe). Einmalige Vorfälle wie Knochenbrüche, Blinddarmoperationen oder Arbeitsunfälle zählen dagegen nicht zu den Krankheitszeiten.
In der Praxis erweist sich die Krankheitskündigung für den Arbeitgeber oft als schwierig, weil er vom Krankheitsbild des Arbeitnehmers keine Kenntnis hat. Erst im Kündigungsschutzprozess zeigt sich, woran der Arbeitnehmer tatsächlich erkrankt ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die zurückliegenden Erkrankungen entweder zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers (außergewöhnlich hohe Lohnfortzahlungskosten) geführt haben oder der Betriebsablauf durch den wiederholten Arbeitsausfall gestört wurde. Schließlich entscheidet eine Interessenabwägung, ob die Kündigung wirksam ist.