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Rechtsanwalt Dr. Martin Pröpper war Interviewpartner des WDR am 4. Dezember 2023.

 

Plumper Versuch

 

Manager Magazin

Samstag, 1. Mai 2004

von RA Peter Rölz

Wenn Unternehmen Manager loswerden wollen, drohen sie jetzt auch schon mal mit Schadensersatzforderungen, um die Abfindung zu sparen.
Deutsche Bank und Mannesmann, Holzmann und Telekom, Bankgesellschaft Berlin - die Liste der Unternehmen, deren Führung sich in einem Gerichtssaal heimischer fühlen muss als im eigenen Wohnzimmer, wird immer länger.

Deutschlands Unternehmenslenker, so scheint es auf den ersten Blick, sind unmoralischer geworden, ja gar kriminell. Der eigentliche Grund für die gerichtlichen Auseinandersetzungen dürfte woanders liegen: Die Sensibilität der Anleger ist gewachsen. Und damit auch ihr Zorn, wenn die hoch bezahlten Entscheider versagen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Investoren, sich im Fall von eklatanten Managementfehlern bei Vorständen, Geschäftsführern oder Aufsichtsräten schadlos zu halten?
Grundsätzlich haften Führungskräfte, wenn sie etwas Rechtswidriges und Schuldhaftes tun - oder wenn sie etwas unterlassen. Die Haftung besteht gegenüber Dritten und gegenüber dem eigenen Unternehmen.

Manager müssen nicht vorsätzlich handeln; es reicht, wenn sie dies fahrlässig tun. Gegenüber Dritten kann eine Führungskraft selbst dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Kollege den Schaden verursacht hat. Bei begründetem Schadensersatz haftet ein Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen. Dies gilt ebenfalls für Mitglieder des Aufsichtsrats.

Soweit die Rechtstheorie. In der Praxis ist es allerdings ausgesprochen schwierig, bei den Organen einer Gesellschaft Regress zu nehmen. Das musste zuletzt die Berlin Hyp, eine Tochter der Bankgesellschaft Berlin, erfahren. Sie scheiterte beim Landgericht Berlin mit dem Versuch, sich bei ihren früheren Vorständen wegen einer "fahrlässigen" Kreditvergabe verlorenes Geld zurückzuholen.

Der Grund: Sowohl der Vorstand (nach Paragraf 93 Aktiengesetz) als auch der Geschäftsführer (nach Paragraf 43 GmbH-Gesetz) müssen "nur" mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters operieren. Was darunter zu verstehen ist, hat der Bundesgerichtshof in seinen so genannten Arag-I-IV-Entscheidungen konkretisiert: Die Richter billigen den Leitungsgremien einen weiten Handlungsspielraum zu. Dazu gehört auch das bewusste Eingehen wirtschaftlicher Risiken.

Eine Schadensersatzpflicht besteht nach Auffassung des obersten deutschen Zivilgerichts nur dann, wenn ein Unternehmensorgan die Grenzen des verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns deutlich überschreitet und seine Risikobereitschaft überspannt.

Diese Grenzüberschreitung ist in der Praxis kaum messbar. Richter können überprüfen, ob Eigeninteressen im Spiel waren und ob vor der Entscheidung ausreichende Informationen eingeholt wurden. Ist Letzteres geschehen und wurde gegen kein Gesetz und keine Satzung verstoßen, ist ein Vorstand aber kaum haftbar zu machen.

"Der Zorn der Anleger ist groß, wenn hoch bezahlte Entscheider versagen."
Peter Rölz ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und geschäftsführender Partner im Frankfurter Büro der Sozietät Ulrich Weber & Partner GbR


Gleichwohl verwenden Unternehmen das Schreckgespenst von Schadensersatzansprüchen bei vorzeitigen Vertragsauflösungen immer häufiger gegen Geschäftsführer und Vorstände. Der Deal ist plump: Verzicht auf Abfindung gegen Absolution für eventuelles Fehlverhalten.

Mein Rat an betroffene Manager: Verschenken Sie nicht ohne Not eine Ihnen zustehende Abfindung. Unternehmen versuchen diesen Trick immer wieder. Dabei können sie ausscheidende Vorstände gar nicht aus der Schadensersatzpflicht entlassen; ein solches Vorgehen würde an den Vorschriften des Aktiengesetzes scheitern. Umsichtige Manager sollten ihr Haftungsrisiko stattdessen lieber über eine entsprechende Versicherung absichern.

Und auch auf unverfallbare Pensionsansprüche muss niemand aus Angst vor nachträglicher Haftung verzichten. Um solche Anwartschaften zu verlieren, müsste vorher schon extrem viel fehlgelaufen sein.

So bleibt der Firma im Fall einer vorzeitigen Trennung meist keine andere Wahl, als den Manager mit "goldenem Handschlag" zu verabschieden.

 
Waldemar Pelke