PUBLIKATIONEN

Presseartikel

 
 
 

Dr. Martin Pröpper war am

7. März 2024 Interviewpartner des WDR: Was gilt zum Streikrecht?

Rechtsanwalt Dr. Martin Pröpper war Interviewpartner des WDR am 4. Dezember 2023.

 

Niedergang einer Biermarke

 

Welt am Sonntag 

Sonntag, 25. Januar 2009

Warsteiner steht nach herben Verlusten der Stammmarke unter Druck. Die Brauerei reagiert mit Sparkurs und Entlassungen. Dabei mangelt es vor allem an einer klaren Strategie und gelungenen neuen Produkten

Von Carsten Dierig

Warsteiner steht nach herben Verlusten der Stammmarke unter Druck. Die Brauerei reagiert mit Sparkurs und Entlassungen. Dabei mangelt es vor allem an einer klaren Strategie und gelungenen neuen Produkten.

Die Wegbeschreibung zum Arbeitsgericht in Hamm dürfte bei der Sauerländer Großbrauerei Warsteiner mittlerweile am schwarzen Brett hängen. Denn die Justiztermine haben sich bei dem Familienunternehmen zuletzt massiv gehäuft. Regelmäßig müssen Abordnungen aus Warstein in den Gerichtssaal: Mal streitet sich Brauereichef Albert Cramer dabei mit seiner entlassenen Hauswirtschafterin, mal geht es um angebliche Verstöße des ehemaligen Generalbevollmächtigten Gustavo Möller-Hergt gegen die vereinbarten Corporate-Gouvernance-Regeln und mal um Kündigungsschutzklagen von herausgesetzten Außendienstlern und Bezirksdirektoren.

Zuletzt stand Warsteiner am vergangenen Freitag auf der Verfahrensliste des Gerichts in Hamm. Nachdem die Brauerei Ende 2008 aufgrund von Strukturveränderungen fast 30 Vertriebsmitarbeitern betriebsbedingt gekündigt hatte, klagt ein Großteil von ihnen nun auf Wiedereinstellung. "Warsteiner hat bei den Kündigungen gegen die Sozialauswahl verstoßen", sagt Martin Pröpper. Der Arbeitsrechtler aus der Kölner Kanzlei Ulrich Weber und Partner vertritt allein vier Kläger im Verfahren.

Der Gütetermin vorgestern endete allerdings ohne Ergebnis. Denn die finanziellen Vorstellungen der Streitgegner für einen Vergleich lagen zu weit auseinander. Nun treffen sich die beiden Parteien am 7. April zur sogenannten Kammerverhandlung. Gibt es bis dahin keine Einigung zwischen der Brauerei und den gekündigten Mitarbeitern, entscheidet Richter Klaus Wessel, ob die Entlassungen rechtmäßig waren oder nicht.

Dabei stehen die Chancen für die gekündigten Mitarbeiter Pröpper zufolge nicht schlecht. Denn nachdem der Unternehmensverband Westfalen-Mitte - die Arbeitgebervereinigung vertritt Warsteiner in diesem Fall - in der Verhandlung von sechs noch offenen Stellen im neu strukturierten Vertrieb sprach, hat auch Richter Wessel die Zahl der Kündigungen infrage gestellt.

Vor diesem Hintergrund könnte nun Bewegung in die Sache kommen. "Die Gegenseite ist nach der Verhandlung noch mal auf uns zugekommen und hat nach einem Gesprächstermin gefragt", sagt Martin Pröpper. Bislang bietet die Brauerei dem Anwalt zufolge ein Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Abfindung.

Die Entlassungen sind Teil eines umfassenden Restrukturierungsprogrammes, zu dem auch die Schließung der konzerneigenen Altbierbrauerei Frankenheim gehört. Produktion, Vertrieb und Verwaltung der Tochtermarke werden künftig in Warstein gebündelt. Dadurch kommt es nach Unternehmensangaben zu weiteren 21 Entlassungen. Darüber hinaus hat Warsteiner die Teilnahme an der im Frühjahr stattfindenden Branchenmesse Internorga abgesagt und die Ausgaben für Werbung und Sponsoring deutlich reduziert. Unter anderem ist Deutschlands drittgrößte Privatbrauerei in der laufenden Bundesligasaison nicht mehr Bierpartner von Bundesligist Borussia Dortmund und Trikotsponsor von Drittligist SC Paderborn 07.

Der Sparkurs ist nötig, da das Traditionsunternehmen nach zuletzt herben Verlusten bei der Stammmarke Warsteiner unter Druck steht. Zwar war der Bierabsatz im vergangenen Jahr mit konzernweit rund 6,2 Millionen Hektolitern konstant. Das liegt aber vor allem an den Erfolgen der Billigmarke Paderborner, die zweistellig zulegen konnte. Die Stammmarke Warsteiner dagegen hat satte sieben Prozent verloren. Schlechter schnitten unter den 15 stärksten Biermarken in Deutschland nur König und Holsten ab, die laut einem Ranking von Getränke-Inside jeweils rund acht Prozent an Menge verloren haben.

Mittlerweile ist die auf über sieben Millionen Hektoliter ausgelegte Brauerei am Heimatstandort in Warstein nicht mal mehr zur Hälfte ausgelastet. Kaum verwunderlich also, dass die 250 000 Hektoliter Frankenheim-Alt ab März nicht mehr in Neuss-Holzheim, sondern in Warstein gebraut werden. Dennoch sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Eva-Catharina Cramer, 30: "In Anbetracht des schwierigen Marktumfelds, dem sich die gesamte Braubranche derzeit stellen muss, können wir mit der Unternehmensentwicklung 2008 insgesamt zufrieden sein." Das dürfte sich vor allem auf den Umsatz beziehen, der aufgrund von Preiserhöhungen um sieben Prozent auf rund 580 Millionen Euro gestiegen ist.

Schon mittelfristig rechnen Branchenexperten allerdings mit sinkenden Absatz- und Umsatzzahlen. "Wir werden uns auf dauerhaft rückläufige Konsumzahlen einstellen müssen", sagt Peter Hahn, Geschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes (DBB). Das jährliche Minus schätzt der Experte dabei auf durchschnittlich ein bis zwei Prozent. Warsteiner sehen die Experten aber besonders betroffen.

Die Gründe für die Talfahrt einer der größten Brauereien in Deutschland sind dabei vielfältig: Die Marke gilt als altbacken und angestaubt, eine klare Strategie ist nur schwerlich zu erkennen, und durchschlagende Innovationen sucht man vergebens. Und wenn, dann gab es zuletzt nur Flops, wie etwa bei dem kalorienarmen Bier namens HiLight. Das Getränk war an die in den USA äußerst erfolgreichen Biere à la Bud Light oder Miller Lite angelehnt. In Deutschland aber hat der Markt das neue Produkt trotz etlicher Werbemillionen nicht angenommen.

Schwer wiegt auch, dass Warsteiner es verpasst hat, sich auf dem Markt für Biermischgetränke zu positionieren. Erst als die Konkurrenz bereits von Erfolg zu Erfolg eilte, sind die Sauerländer in das aufstrebende Segment eingestiegen - und das auch noch mit entscheidenden Fehlern. Anders als Veltins mit V+ oder Krombacher mit Cab hat Warsteiner kein eigenes Label kreiert, um die vorwiegend junge Zielgruppe anzusprechen.

Das Management kriegt die Probleme offenbar nicht in den Griff. Zwar ist die junge Geschäftsführerin Eva-Catharina Cramer bei der Belegschaft beliebt, betriebswirtschaftliche Erfolge allerdings kann sie auch nach fast zweieinhalb Jahren in der Geschäftsführung des Unternehmens nicht vorweisen. Die Verunsicherung unter den Mitarbeitern ist dementsprechend groß. Zumal im Umfeld der Brauerei bereits über weitere Sparmaßnahmen spekuliert wird, Kündigungen inklusive.

 
Waldemar Pelke