Höchste Sorgfalt geboten
Berliner Morgenpost
Sonntag, 29. Februar 2004
von RA Dr. Heiko Peter Krenz
Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung anzuhören. Unterbleibt die Anhörung oder entspricht sie nicht den strengen formalen Vorgaben der Rechtsprechung, ist die Kündigung unwirksam. Daher sollten Arbeitgeber höchste Sorgfalt bei der Formulierung von Betriebsratsanhörungen walten lassen. So reichen schlagwortartige Umschreibungen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes nicht aus. Ist eine Sozialauswahl vorzunehmen, muss dem Betriebsrat mitgeteilt werden, welche anderen Arbeitnehmer neben dem zu kündigenden Mitarbeiter für die Entlassung in Frage kommen. Im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung müssen dem Betriebsrat frühere Abmahnungen übergeben werden. Der Kündigungsvorwurf ist zu erläutern, wobei auch entlastende Umstände mitzuteilen sind. Soll aus krankheitsbedingten Gründen gekündigt werden, ist der Betriebsrat über sämtliche Fehlzeiten des Mitarbeiters, die daraus entstandenen wirtschaftlichen Belastungen und die Krankheitsprognose zu informieren. Liegt dem Betriebsrat die Anhörung vor, hat er bei einer fristgemäßen Kündigung eine Woche Zeit zur Stellungnahme. Bei einer fristlosen Kündigung sind es dagegen nur drei Tage. Gibt der Betriebsrat keine Stellungnahme ab, kann der Arbeitgeber erst nach Ablauf dieser Frist kündigen. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam. Weitgehend unbekannt ist, dass der Betriebsrat dem gekündigten Arbeitnehmer ein Recht auf Weiterbeschäftigung - trotz Kündigung - verschaffen kann. Voraussetzung ist, dass der Widerspruch stichhaltig begründet ist. Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende eines Kündigungsschutzprozesse weiterzubeschäftigen. Es empfiehlt sich daher, in diesem Fall immer Klage zu erheben.
Urteile
Betriebsratsanhörung während der Arbeitszeit (BAG, 7 AZR 30/80): Die Betriebsratsanhörung hat gegenüber dem Betriebsratvorsitzenden während der Arbeitszeit zu erfolgen.
Verschweigen von Kündigungsumständen (BAG, 2 AZR 461/94): Das Verschweigen wesentlicher Kündigungsumstände in der Betriebsratsanhörung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Falsche Kündigungsfrist (LAG Schleswig-Holstein, 4 Sa 506/94): Die Angabe einer falschen Kündigungsfrist in der Betriebsratsanhörung ist unschädlich.
Änderungskündigungen (BAG, 2 AZR 236/00): Der Betriebrat muss vor Änderungskündigungen auch über das Änderungsangebot umfassend informiert werden.