Die größten Irrtümer im Arbeitsrecht (Teil II)
Blitztip
Mittwoch, 18. Oktober 2006
von RA Carsten Kohles
Die anwaltliche Arbeit zeigt immer wieder, dass sich bestimmte Merksätze gebildet haben, die jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehren. Hierzu zählen etwa auch die Folgenden:
1. Während einer Erkrankung darf man nicht kündigen
Oftmals versuchen Arbeitnehmer eine Kündigung abzuwenden, indem sie sich von ihrem Hausarzt noch schnell eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen lassen. Diese Mandanten sind stets erstaunt, wenn Ihnen der Anwalt erklärt, dass man nicht nur während einer Krankheit eine Kündigung erhalten kann, sondern sogar eine Kündigung wegen Krankheit möglich ist. Hat der Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum (in der Regel 3 Jahre) häufige Fehlzeiten, so kann der Arbeitgeber hieraus eine negative Gesundheitsprognose ableiten, die zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung führen kann. Dies insbesondere dann, wenn der Mitarbeiter fortgesetzt aufgrund des gleichen Krankheitsbildes fehlt, da dies darauf hindeutet, dass der Mitarbeiter die Erkrankung nicht in den Griff bekommt. Kann der Arbeitgeber dann noch darlegen, dass die häufigen Fehlzeiten zu erheblichen Beeinträchtigungen im betrieblichen Arbeitsablauf führen, wird es für den Gekündigten äußerst schwer.
2. Keine Kündigung vor der dritten Abmahnung
Arbeitnehmer gehen meistens davon aus, dass man zunächst drei Abmahnungen braucht, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Hierbei wird schon übersehen, dass zwischen der Abmahnung und einer späteren Kündigung ein Zusammenhang bestehen muss. Ein solcher fehlt etwa, wenn der wegen Alkoholkonsum am Arbeitsplatz (bereits dreifach) abgemahnte Bauarbeiter anschließend zu spät zur Arbeit erscheint. Genauso gibt es Sachverhalte, bei denen der Arbeitgeber sofort kündigen kann, ohne dass es einer Abmahnung bedarf (z. B. bei Diebstahl, selbst wenn es sich um geringwertige Sachen handelt). Da jede verhaltensbedingte Kündigung eine Einzelfallentscheidung darstellt, verbietet sich nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes jede pauschale Regelung. Es gilt jedoch, dass ein Mitarbeiter umso schutzwürdiger ist, je länger das Arbeitsverhältnis (beanstandungsfrei) besteht.
3. Eine Kündigung ohne Begründung ist unwirksam
Oftmals freuen sich Arbeitnehmer, wenn sie eine Kündigung ohne Angabe der Gründe erhalten. Denn nach ihrer Vorstellung sei eine solche Kündigung bereits deswegen unwirksam, weil es an einer schriftlichen Begründung fehlt. Auch hier handelt es sich um eine Bauernregel, der jegliche gesetzliche Grundlage fehlt. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei der Kündigung eines Auszubildenden nach der Probezeit, muss die Kündigung begründet werden. Ansonsten sieht das BGB lediglich dann eine Pflicht zur schriftlichen Mitteilung vor, wenn eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde erfolgt ist. Allerdings müssen auch hier die Gründe nicht in der Kündigung selbst stehen, sondern der Gekündigte kann lediglich im nachhinein verlangen, dass ihm der Kündigungsgrund mitgeteilt wird.