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Kündigung eines Redakteurs wegen antisemitischer Äußerungen wirksam

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 04.04.2024 - 5 Sa 894/23) hat eine außerordentliche, fristlose Kündigung eines in der Redaktion der Deutschen Welle beschäftigten Redakteurs wegen antisemitischer Äußerungen als wirksam erachtet.

Herr Rechtsanwalt Dominik Kranz erläutert die wesentlichen Aspekte der aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 04.04.2024:  

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt stellte sich aufgrund einer externen Untersuchung heraus, dass der Kläger zwischen den Jahren 2014 und 2019 auf seinem privaten Facebook- und Twitter-Account Äußerungen zu Israel und Palästina veröffentlichte, die nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts antisemitischen Charakter hatten und das Existenzrecht Israels in Abrede stellten. Der Kläger war seit dem Jahr 2005 zunächst als freier Mitarbeiter und ab dem Jahr 2021 in einem befristeten Arbeitsverhältnis bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt.

Der Kläger hatte in der ersten Instanz noch Erfolg. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Das Landesarbeitsgericht wies die Klage in der zweiten Instanz jedoch ab und hielt die außerordentliche, fristlose Kündigung für wirksam.

Das Landesarbeitsgericht stellte maßgeblich darauf ab, dass der Kläger als sog. Tendenzträger verpflichtet gewesen sei, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im privaten Bereich nicht gegen die Tendenz, d.h. nicht gegen die Grundsätze, das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen und sich gegen Antisemitismus sowie jegliche Versuche, diesen zu verbreiten, einzusetzen, zu verstoßen.

Es liege eine schwerwiegende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten vor. Derartige Äußerungen eines Redakteurs im privaten Bereich seien geeignet, den Ruf des Arbeitgebers im In- und Ausland zu schädigen.

Der Wirksamkeit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung habe es auch nicht entgegen gestanden, dass die Veröffentlichungen vor dem Abschluss eines Arbeitsverhältnisses getätigt worden seien. Die vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses veröffentlichten Äußerungen wirken sich weiter aus und seien auch noch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses öffentlich abrufbar gewesen.

Schließlich konnte sich der Redakteur auch nicht auf seine Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Der Kläger sei aufgrund der Rundfunkfreiheit der Deutschen Welle gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gehalten gewesen, die Tendenz des Arbeitgebers zu wahren und keine antisemitische und das Existenzrecht Israels leugnende Äußerungen zu tätigen.

Bewertung für die Praxis

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist folgerichtig. Das Urteil bestätigt die zutreffende Tendenz der Rechtsprechung, dass auch Äußerungen im privaten Bereich den Ruf des Arbeitgebers schädigen und eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen können. Zudem unterliegt ein Redakteur als Tendenzträger einer besonderen Verantwortung, die er durch die antisemitischen Äußerungen untergraben hat.