Arbeitsunfall im Homeoffice - Unfallversicherungsschutz
Arbeitsunfall im Homeoffice - ist der Weg vom Schlafzimmer zum heimischen Arbeitsplatz gesetzlich unfallversichert?
Seit der Corona-Pandemie boomt das sog. Homeoffice, das Arbeiten von zuhause aus. Während vor der Pandemie nur vier Prozent der Beschäftigten von zuhause aus arbeiteten, waren es im ersten Lockdown im April 2020 laut Statista rund 30 Prozent. Dadurch traten auch immer mehr bislang - mehr oder weniger - ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit dem Homeoffice auf. So auch die Frage nach dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Homeoffice. Denn die Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Tätigkeit ist im Homeoffice nicht immer einfach.
Im Zuge einer Gesetzesänderung wurde im Juni 2021 der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice bereits erweitert. Waren zuvor zwar sogenannte „Betriebswege“, etwa zum Drucker in einem anderen Raum, vom Versicherungsschutz umfasst, erstreckte sich dieser im Homeoffice im Gegensatz zur Betriebsstätte jedoch nicht auf Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang. Diese Gesetzeslücke wurde geschlossen und der Versicherungsschutz auch auf die Wege zur Küche und Toilette ausgeweitet. Darüber hinaus wurde der Versicherungsschutz bei Homeoffice-Tätigkeit auch auf Wege ausgedehnt, die die Beschäftigten zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurücklegen, also dem Weg zwischen Homeoffice und Kita etwa.
Kürzlich hatte sich auch das Bundessozialgericht mit dem Unfallversicherungsschutz im Homeoffice zu befassen.
In einer Entscheidung vom 08.12.2021 (B 2 U 4/21 R) entschied das BSG, dass auch der Weg vom Schlafzimmer zum häuslichen Arbeitsplatz gesetzlich unfallversichert ist, so dass ein Sturz auf diesem Weg einen Arbeitsunfall darstellt.
Geklagt hatte ein im Homeoffice beschäftigter Arbeitnehmer, welcher auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro auf der die Räume verbindenden Wendeltreppe ausrutschte und sich einen Brustwirbel brach. Die Berufsgenossenschaft lehnte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Sie war der Meinung, Unfallversicherungsschutz beginne in der Privatwohnung erst mit Erreichen des häuslichen Arbeitsplatzes.
Während das Sozialgericht den erstmaligen morgendlichen Weg vom Schlafzimmer ins Homeoffice als versicherten Betriebsweg ansah, beurteilte das Landessozialgericht ihn als unversicherte Vorbereitungshandlung, die der eigentlichen Tätigkeit nur vorausgehe.
Das Bundessozialgericht bestätigte jedoch die Entscheidung des Sozialgerichts und gab dem Arbeitnehmer Recht. Der Arbeitnehmer habe einen Arbeitsunfall erlitten, als er auf dem morgendlichen Weg in sein häusliches Büro (Homeoffice) stürzte. Ausnahmsweise sei ein Betriebsweg auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befänden. Ob ein Weg als Betriebsweg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt werde und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe, bestimme sich auch im Homeoffice nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werde. Das Beschreiten der Treppe ins Homeoffice habe im vorliegenden Fall nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz allein der erstmaligen Arbeitsaufnahme gedient und sei deshalb als Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers als Betriebsweg versichert.
Das Bundessozialgericht entschied damit letztlich nichts Neues, sondern bestätigte lediglich das, was auch vorher galt und schon in Urteilen aus den Jahren 2016 sowie 2017 (Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R und Urteil vom 31.08.2017 - B 2 U 9/16 R) bereits entschieden wurde.
Dennoch stärkt diese Entscheidung nach der Gesetzesänderung von Juni 2021 die Rechtsposition der im Homeoffice tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusätzlich. Vor dem Hintergrund, dass aufgrund der anhaltenden Pandemie immer noch sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice tätig sind und es wohl auch bleiben werden – zunehmend wird auch die Schaffung eines Rechtsanspruches auf Homeoffice diskutiert – , ist dies begrüßenswert.