Christliche Spielregeln im Arbeitsvertrag
Berliner Morgenpost
Sonntag, 4. Juni 2006
von RA Dr. Heiko Peter Krenz
Christliche Spielregeln im Arbeitsvertrag
Kirchenaustritt kann zu Kündigung führen
Von Heiko Peter Krenz
Aufgrund der im Grundgesetz verankerten besonderen Stellung der Kirchen gelten für kirchliche Einrichtungen besondere arbeitsrechtliche Regelungen. Diese richten sich nach den so genannten Richtlinien für Arbeitsverträge, die als besonderen Schutz für kirchliche Angestellte einen Ausschluss ordentlicher Kündigungen für Mitarbeiter mit einer 15jährigen Beschäftigungszeit nach Vollendung des 40. Lebensjahres festschreiben. Das Arbeitsverhältnis ist dann praktisch unkündbar.
Im Falle von Streitigkeiten zwischen Kirche und Arbeitnehmer ist neben dem Klageweg ein zusätzliches kirchliches Schlichtungsverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten vorgesehen. Kommt es allerdings zur Klage, haben Arbeitnehmer meistens schlechte Karten. Anders als weltliche Arbeitgeber können Kirchen nämlich die Einhaltung wesentlicher kirchlicher Grundsätze verlangen. Das BAG sah zum Beispiel die Kündigung eines katholischen Kirchenmusikers als wirksam an, dem wegen erneuter Heirat gekündigt worden war (2 AZR 447/03). Auch ein Kirchenaustritt sollte gut überlegt sein. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschied am 30. März, dass ein Kirchenaustritt zu einer zwölfwöchigen Arbeitslosengeldsperre führt, wenn dem Arbeitnehmer wegen seines Austritts aus der Kirche gekündigt wird (L 1 AL 162/05). Die entlassene Arbeitnehmerin konnte sich nicht auf ihre Glaubensfreiheit berufen, weil sie bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages damit rechnen musste, ihren Arbeitsplatz bei einem Kirchenaustritt zu verlieren.
Die Kirche ist mit rund einer Million Beschäftigten nach dem öffentlichen Dienst der größte Arbeitgeber in Deutschland. Die meisten Mitarbeiter werden in den verschiedenen sozialen Einrichtungen der evangelischen Diakonie oder der katholischen Caritas beschäftigt.
Heiko Peter Krenz ist Fachanwalt für Arbeitsrecht im Berliner Büro der Arbeitsrechtskanzlei Ulrich Weber & Partner, www.ra-weber-partner.de
Aus der Berliner Morgenpost vom 4. Juni 2006